Ein Leben in Erinnerungen mit Gerhard Pötzsch beim Lesecafé

9. Oktober 2015 | Von | Kategorie: Kultur, News

Am Donnerstag Abend stellte der Leipziger Autor, Hörbuchverleger, Herausgeber und Politiker Gerhard Pötzsch im Lesecafe seinen 2015 im Mitteldeutschen Verlag erschienenen Roman “Taschentuchdiele” vor. Das Buch ist eine Art Familiengeschichte, die Ende des 19. Jahrhunderts beginnt und bis in die 1970er Jahre hinein reicht. Die Hauptfigur Bernd Klapproth ist eine autofiktionale Person, dem Dinge widerfahren, die der Autor auch erlebt hat. Geografischer Mittelpunkt des Romans ist zwar besagte Taschenbuchdiele, eine noch immer in Leipzig-Lindenau existierende Kneipe, aber eigentlich geht es um das große Thema Erinnerungen und ob man sein Leben darin finden kann. Dabei zeichnet Pötzsch ein beeindruckendes und anspruchsvolles Porträt seiner Heimat in den 60er Jahren der DDR. So schmeckten die Musik-Abende in der Taschentuchdiele nach Freiheit, ein Sehnsuchtspotential, das nach den Worten des Autors nach Erlösung suchte. Daran erkennt man schon, der Autor benutzt eine sehr bildhafte Sprache mit einer wunderschönen Wortwahl, aber zuweilen hat man den Eindruck, dass dabei die Handlung in seinen Erinnerungen stehen bleibt. “Erinnerungen”, so resümiert Pötzsch am Ende seines Romans “sind nicht zu löschen, sie sind da oder sie sind es nicht”.

Von 1982 bis 1985 hat Pötzsch am Leipziger Literaturinstitut Johannes R. Becher, der kleinsten Hochschule der Welt studiert, danach war er bis 1992 als Fachberater für Ortschronisten im Kreis Torgau und als freischaffender Autor tätig. Bekannt wurde der Leipziger aber als geschäftsführender Gesellschafter von Radio Energy, als Hörbuchverleger und nicht zuletzt als Politiker, wo er sich bis 2014 als Stadtrat für die freie Kulturszene engagierte. Doch nun wo die Rente heran rückt kehrt er nach seinen eigenen Worten zu seiner alten Liebe dem Schreiben zurück. Die “Taschentuchdiele” legt Zeugnis davon ab.

Im Anschluss an die Lesung entzündete sich im Publikum eine lebhafte Diskussion um den  authentischen Bezug zur historischen Gaststätte, den ein Lindenauer beklagte. Gerhard Pötzsch kann zwar die Einwände des Gastes verstehen, betont aber dass er eine Zeit einfangen und eine Epoche deutlich machen wollte. Für Hans-Jürgen Rüstau spiegelt der Roman das Lebensgefühl jener Zeit in sinnlich nachvollziehbaren Bildern. Das ist dem Autor in der Tat sehr gut gelungen.

Die Lesung wurde von Leipzig Fernsehen aufgezeichnet und soll am kommenden Wochenende gesendet werden. Das nächste Mal ist am 27. November Lesecafe-Zeit im Kulturcafe esprit mit Luci Van Org und einer musikalischen Lesung.
Bericht IVT: Text und Fotos: Matthias Kudra

 

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